Brot backen mit der Eigenbrötlerin

„Warum Brot backen?“ hat mich meine Familie gefragt, nachdem ich ihnen eröffnet hatte, dass ich zu meinem Geburtstag zu Roswitha Huber zum Brotbackkurs auf die Kalchkendlalm fahren möchte und auf das Wellness-Wochenende lieber verzichte.

„Wer Brot backen kann, kann seine Familie ernähren.“

Brot ist ein Kulturgut und zählt zu den Grundnahrungsmitteln. Die Ägypter haben schon vor über 5000 Jahren gesäuertes Brot in größerem Ausmaß in Bäckereien hergestellt. Über Griechenland und das Römische Reich gelangte das Wissen um die Techniken gutes Brot zu backen nach Europa. Heute gibt es 3197 anerkannte Brotspezialitäten in Deutschland und 2014 hat die nationale UNESCO-Kommision die deutsche Brotkultur in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen (www.brotinstitut.de).

„Schön, dass ihr heil angekommen seid“, begrüßt uns Roswitha Huber auf der Kalchkendlalm und bugsiert uns am Freitag Abend mit Sack und Pack in die warme Stube. Ich fühle mich erst einmal unsicher, was mich an diesem Wochenende wohl erwarten wird, ob ich mich in die zusammengewürfelte Truppe aus Brotbackbegeisterten einfügen kann. Doch die Wärme des Holzofens, Roswithas Herzlichkeit und die aufgetischte warme Suppe tun ihr übriges und münden in einen entspannten Abend mit aufschlussreichen Gesprächen, was wir uns von dem Kurs erwarten. Roswitha fasst am Ende zusammen:

„Wir wollen das perfekte Brot backen.“

Um Roswitha zu erreichen und einen Kurs bei ihr zu buchen, musste ich ziemlich hartnäckig sein. Auf meine emails hat sie nie geantwortet. Vielleicht bin ausgerechnet ich im Spam-Ordner gelandet. Die Telefonnummer von ihrer Website habe ich oft bis zum Schluß durchklingeln lassen. Beim zigten Versuch Roswitha zu erreichen, war plötzlich ihre Stimme in der Leitung. Ich war so überrascht, dass ich anfangs nur gestammelt habe. Äh ich, äh, ich würde gerne einen Brotbackkurs bei Ihnen machen wollen. „Ja, der am zweiten Dezember ist leider scho voll, dann mach i einfach einen am achten Dezember, denn i hab eh no vier Leut, die kimma wolln,“ antwortete Roswitha.

So unkompliziert läuft das bei der „Eigenbrötlerin“, deren Schaffen in der gleichnamigen Dokumentation von Sabine Bauer gezeigt wird. Die Einleitung zum Film lautet: Der Film ist eine Hommage an selbstgebackenes Brot und zugleich das Porträt einer außergewöhnlichen Frau.

Wie wahr. Roswithas Brotbackkurs ist besonders. Manches wirkt improvisiert. Bei näherer Betrachtung und längerem Verweilen auf der Alm versteht man aber, dass die Kurse auf einer Alm im Winter ein hohes Maß an Flexibilität erfordern, schon allein wegen der Kälte und dass Roswithas Naturell eben so ist. Es gibt keine Waage zum Abwiegen der Zutaten, kein Teig-Thermometer zum Messen der Teigtemperatur, kein Backofenthermometer.

„Fühlt die Teige, fasst sie an und lasst ihnen Zeit.“

Eine Herangehensweise die mir Mut macht. Ich weiß jetzt, ich muss mir nicht das neueste technische Zubehör kaufen, um mit dem Brot backen anfangen zu können. Ich habe eine Getreidemühle, eine Waage, einen Pizzastein für den Elektro-Backofen und vor allem, dank Roswitha, den Mut zum Experimentieren und die Erkenntnis nach diesem wunderbaren Wochenende, dass es kein allgemeingültiges Rezept gibt, um das „perfekte Brot“ zu backen. Was uns an diesem Wochenende GottseiDank auch nicht ganz gelungen ist. Der Holzbackofen war witterungs- und mittagsschläfchenbedingt (das war meine Idee) schon wieder etwas abgekühlt, so dass die Oberhitze zum Aufgehen der Brote gefehlt hatte. Nichtsdestotrotz schmeckt das Brot noch nach einer Woche fantastisch und aus Fehlern lernt man ja bekanntlich am Besten.

„Des Brot backen ist nie nur a Arbeit. Nie.“

Beim Brot backen zu Hause müssen sich die Handgriffe jetzt an die Gegebenheiten in meinen Haushalt anpassen. Die ersten Schritte sind schon getan: „Thomas“ unser Anstellgut von der Kalchkendlalm hat sich mittlerweile an unseren Haushalt gewöhnt und blubbert fröhlich vor sich hin. Morgen wird gebacken und zwar mit Liebe und irgendwann wird die Erfahrung dazukommen.